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niederließen, betrachteten dieselben als ihr Eigenthum und über-
wachten eifersüchtig deren Grenzen. Die überaus günstige Lage
der Halbinsel für Handel und Verkehr und der Ruf ihrer
Schönheit lockte von allen Seiten Kolonisten herüber, besonders
aus dem nahe gelegenen Griechenland, wo Stammfehden und in-
nere Entzweiung viele zur Auswanderung zwangen. Eine ge-
raume Zeit hindurch war das Land der Tummelplatz der vielen
kleinen Völkerschaften unter einander, die noch kein gemeinschaftli-
ches Band umschlang. Es war ein ewiges Drängen und Trei-
den untereinander und daher ein häufiger Wechsel der Wohnsitze.
So wurden die Siculer, die früher an der Tiber gewohnt hat-
ten, immer tiefer nach Unteritalien, endlich selbst über die Meer-
enge hinaus nach der Insel Sicilien gedrängt, die von ihnen
ihren Namen erhielt. Mancher Volkstamm verlor sich auch selbst
mit seinem Namen unter die Herrschaft eines mächtigeren anderen.
Es verging überhaupt eine geraume Zeit, bevor die einzelnen
Völker feste Wohnsitze gewannen; und erst, als die Römer mit
ihren siegreichen Waffen das Land durchzogen, werden wir etwas
näher über die Wohnsitze und Einrichtungen derselben unterrichtet.
Zu den Urbewohnern Italiens werden gerechnet: 1. Die
Pclasger. Dieser große, der Urbevölkerung Griechenlands nahe
verwandte Volkstamm, hatte sich in vielen Zweigen über den
größten Theil der Halbinsel ausgebreitet, die von der Zeit der
punischen Kriege an unter dem Namen „Italia" zusammengefaßt
wurde. Zu ihnen gehören die Siculer, welche in der Urzeit
an der Tiber wohnten; die Chon er und Önotrer an der
westlichen und die Peucetier an der östlichen Küste von Süd-
italien. In der Sage werden Önotrus und Peucetius als En-
kel des Pelasgus und als Stammfürsten der nach ihnen be-
nannten Völker angegeben. Auch werden zu den Pelasgern ge-
rechnet die Tprrheuer, welche in einzelnen Gemeinden des
späteren Etruriens ihren Sitz hatten. Mit diesen verbanden sich
später die aus Rhetien eingewanderten Ra sen er zu dem Gan-
zen eines Volkes.
2. Im Norden Italiens werden als ein großes Urvolk
die Umbrer H genannt, deren Stadt Ameria 381 Jahre frü-
p) Umbrorum gens antiquissima Italiae existimatur. Plin. h. n. Iii. 19.
TM Hauptwörter (50): [T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm], T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Iv
Bei der Ausarbeitung selbst habe ich überall die
Quellen sorgfältig zu Rathe gezogen und so viel als mög-
lich aus diesen selbst geschöpft; jedoch habe ich auch die
neueren und neuesten Forschungen sorgfältig benutzt und
was und wie es mir zweckmäßig schien, aus ihnen ent-
lehnt. Mehre habe ich an den betreffenden Stellen ge-
nannt; sie alle namentlich anzuführen, schien mir zwecklos.
Zn der Auseinandersetzung der Verfassung habe ich mich
besonders an dem vortrefflichen Werke von Göttling
»Geschichte der römischen Statsverfaffung« gehalten. Im
Ganzen ist mein Streben dahin gegangen, Gründlichkeit
des Inhaltes mit Klarheit und Anschaulichkeit der Dar-
stellung zu vereinigen, und es würde mich freuen, wenn
ich von dem vorgesteckten Ziele, welchem ich mit aller
Sorgfalt und Liebe nachftrebte, nicht zu weit zurückge-
blieben wäre.
Münster, den 6. Juli 1849.
Der Verfasser.
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33
sprungen. Der erzürnte Romulus habe ihn erschlagen und die-
sen Fluch ihm nachgerufen: „So fahre Jeder, der nach dir über
meine Mauer setzt!" Romulus war jetzt alleiniger Herrscher,
und die Stadt nach ihm benannt.3)
K. 9. Quellen der römischen Geschichte und
neuere Bearbeitungen derselben.
Zu den ältesten geschichtlichen Denkmalen Roms, welche
zum Theil als Quellen der späteren Geschichtsforschung zu be-
trachten sind, gehören die öffentlich autorisirten und bereits zur
Zeit der Könige begonnenen kurzen Aufzeichnungen merkwürdiger
Ereignisse und Einrichtungen. Die wichtigsten Quellen sind:
1. Die commentarii regum und leges regiae, Aufzeichnungen
von Gesetzen und Verordnungen der Könige. 2. Die annales
maximi oder publici, chronikenartige, durch den jedesmaligen
Pontifer Marimus angefertigte Verzeichnisse der wichtigsten Er-
eignisse jedes Jahres. 3. Die eommentarii pontificum, die
wahrscheinlich bloß auf den Cultus und gewisse priesterliche Ver-
richtungen und Vorrechte sich bezogen. 4. Die libri lintei und
libri magistratuum, Verzeichnisse der Magistrate der einzelnen
Jahre, unter denen besonders die fasti consulares wichtig wa-
ren. Über den Inhalt und den Charakter dieser Denkmale
kann nichts Bestimmtes angegeben werden, da sie wahrscheinlich
bei der Einäscherung der Stadt durch die Gallier im Jahre
388 vor Ehr., wenn auch nicht sämmtlich, doch größtentheils
untergegangen sind. Neben diesen ältesten geschriebenen Urkun-
den bestand eine Überlieferung mancher Thatsachen in der ein-
heimischen Sage, welche in Nationalliedern eine poetische Ein-
kleidung fand und sich vermittelst dieser leichter fortpsianzte.
Auch innerhalb der Familien pflanzten sich Nachrichten von be-
3) Die Ableitung des Namens Rom von Nomulus muß befremden;
denn hiernach müßte doch wohl die Stadt den Namen „Romula" füh-
ren. Wollen wir bei jener Mythe bleiben, so kann „Romulus" nur als
eine damals oft gebrauchte Verkleinerungsform erscheinen, so daß der
eigentliche Name des Stammheros „Romus" ist, und hiervon „Rom."
— Schmeichelnde Griechen leiteten gern den Namen Rom von ihrem
Worte (Stärke) ab.
Weiter. Geschichte der Römer. 3
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie]]
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34
rühmten Mitgliedern fort, besonders durch die sogenannten lan-
do« fúnebres oder Leichenreden, worin den Vorfahren oft er-
dichtete Triumphe, Confútate u. s. w. zugeschrieben wurden, die
jo in die Geschichte übergegangen sind.
Die eigentliche Geschichtschreibung begann erst nach dem
zweiten punischen Kriege sich in Rom nach und nach auszubil-
den, und zwar durch die Annalisten, deren zahlreiche Werke
jedoch verloren und nur durch die Anführungen späterer Schrift-
steller bekannt sind. Sie zeichneten die römische Geschichte von
der Erbauung der Stadt an in einfachen und schmucklosen Chro-
niken (anuales) nach der Reihenfolge der Jahre auf.
Der erste unter den römischen Annalisten ist nach des Li-
vius Zeugniß Q. Fabius Pictor, der im zweiten punischen
Kriege gedient hatte und nachher mehre für uns größtentheils
verloren gegangene Bücher (anuales) schrieb, deren Glaubwür-
digkeit indessen schon von Polpbius in Zweifel gezogen worden
ist. Der fast gleichzeitige, als sorgfältiger Geschichtsforscher ge-
rühmte L. Ein eins Ali mentu s, der ebenfalls im zweiten
punischen Kriege gedient hatte, schrieb eine Geschichte Roms von
der Gründung an bis auf seine Zeit, aber in griechischer Spra-
che; ebenso Acilius, dessen Annalen ein gewisser Claudius
ins Lateinische übersetzte. Weit mehr haben wir den Verlust
der „Origines" des M. Porcius Cato Censorinus zu
beklagen, worin nach sieben Büchern die Geschichte des Ursprun-
ges der Stadt Rom und der andern Städte Italiens, dann
insbesondere die Geschichte der beiden punischen Kriege und der
darauf folgenden Ereignisse bis 151 v. Chr. behandelt war.
Fast gleichzeitig besang der Dichter Q. Ennins, aus Rudiä
in Campanien, in einem großen Nationalepos von achtzehn Bü-
chern (anuales) die Geschichte Roms von dessen Gründung an
bis auf seine Zeit, von welchem Werke auch zahlreichere und
größere Bruchstücke auf uns gekommen sind. Die vielen Anna-
listen der folgenden Zeit sind uns meist nur den Namen und
einzelnen Anführungen nach, die sich insbesondere bei Livius
finden, bekannt.
Unter den noch vorhandenen Schriften der Alten, welche
die römische Geschichte in einigem Zusammenhänge behandeln,
sind folgende hervorzuheben, a. In griechischer Sprache
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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Extrahierte Personennamen: Claudius M._Porcius_Cato_Censorinus
35
schrieben: Polybius aus Megalopolis, ein Zeitgenosse des
jüngern Scipio, der in vierzig Büchern allgemeiner Histo-
rien den Zeitraum vom Anfänge des zweiten punischen Krie-
ges bis zum Ende des letzten macedonischen Krieges, also von
218—157, behandelt. Vollständig sind jedoch nur die fünf er-
sten, das 6. bis zum 17. in Auszügen, die übrigen nur in
Bruchstücken vorhanden; Dionysius von Halikarnaß, der zur
Zeit des Augustus ein Werk Idq/aioxoyia cpco(xaixrj in 20 Bü-
chern schrieb, von denen aber nur noch die ersten 11 übrig sind,
welche die älteste Geschichte Noms bis zum Jahre 443 v. Ehr.
umfassen; Appian aus Alexandria schrieb eine römische Ge-
schichte von Noms Ursprung an bis auf seine Zeit, in 24 Bü-
chern. Davon sind außer dem Anfang des Werkes noch übrig:
B. 6—8 oder Geschichte der Feldzüge in Spanien und gegen
Hannibal; B. 11 und 12 über die Kriege in Syrien und ge-
gen Mithridates; B. 13—17' über die Bürgerkriege bis auf
Cäsar; B. 23 über den Krieg in Jllyrien. Die römische Ge-
schichte des Dio Cassius, aus Nicäa in Bithynien, bestand
aus 80 Büchern und war von den ältesten Zeiten Roms bis
auf die Zeiten des Verfassers (229 v. Ehr.) fortgesetzt. Die
noch erhaltenen Bücher (B. 35—54) umfassen die Begebenhei-
ten vom Jahre 87 bis 8 v. Ehr. Von Plutarch aus Chä-
ronea, dem Lehrer und Freunde des Kaisers Hadrian, haben
wir das Werk ßwl Iiuqulhß.oi, das 22 Biographien berühm-
ter Römer enthält, deren Reihe Romulus eröffnet, der Kaiser
Otho beschließt. Als Compendienschreiber verdient vorzüglich
Zonäras Beachtung, welcher im zwölften Jahrhundert nach
Ehr. ein Xqovixov vom Anfänge der Dinge bis 1118 schrieb,
wobei er ältere, für uns verloren gegangene, Schriftsteller benutzte.
b. Unter den Schriftstellern, welche die römische Geschichte
vom Anfänge bis auf ihre Zeit in lateinischer Sprache
schrieben, sind besonders folgende zu nennen: Titus Livius
(geboren zu Padua 58 v. Ehr. und gestorben daselbst 19 n.
Ehr.). Sein Werk, das er selbst Annales genannt, umfaßt in
hundert zwei und vierzig Büchern die Geschichte Roms von sei-
ner Gründung bis auf den germanischen Krieg und den Tod
des Drusus, 9 v. Ehr. Es sind aber nur fünf und dreißig
Bücher vollständig auf uns gekommen, und zwar die zehn ersten
3«'
TM Hauptwörter (50): [T1: [Geschichte Dichter Zeit Buch Werk Jahr Gedicht Nr. Bild Geographie], T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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42
machten Vorschläge der Gracchen, welche aus einem tief gefühl-
ten Bedürfnisse der Zeit hervorgehen, führt zu einem offenen
Bruche zwischen beiden Parteien. Das Volk unterliegt und fühlt
den geschärften Druck mit um so größerer Bitterkeit. Sitten-
losigkeit und Habsucht greifen immer mehr um sich, und die
Verfassung löset sich mehr und mehr auf. Sklavenaufftände er-
folgen, und bald erzwingen sich die italischen Bundesgenossen,
welche durch die vorausgehenden Kämpfe zu erhöhten Ansprüchen
gereizt worden sind, die Aufnahme ins römische Bürgerrecht.
Die Unsicherheit der Verhältnisse und das Parteiinteresse läßt
ehrgeizige Volksführer in ihnen neue gefährliche Werkzeuge finden,
und durch sie für wenige Jahre eine Gewaltherrschaft, welche
von Sulla gebrochen, und durch eine andere Gewaltherrschaft,
die der Aristokraten, ersetzt wird. Aber auch diese ist nicht von
Dauer. Sie wird allmälig von Cäsar und Pompejus unter-
graben. Ihren Untergang findet sie auf dem Schlachtfelde von
Pharsälus. Denn von nun an fragt es sich nicht mehr, ob ein
Einzelner vermittelst des Heeres und des Volkes herrschen soll,
sondern wer dieser Einzelne sein soll. Der Ausgang der Schlacht
bei Actium (31 vor Ehr.) entscheidet zuletzt für C. Julius Cäsar
Octavianus. — Bei diesem innern Verfall des Staates ent-
wickeln dennoch die Römer, wenn es bloß auf das Kriegführen
und Schlachten gewinnen ankommt, eine oft bewunderungswür-
dige Kraft. — Künste und Wissenschaften stehen in schönster Blüthe.
Dritter Ieitraum.
Rom unter Kaisern. 30 vor Chr. — 470 nach Chr.
Im Ganzen genommen — denn an einzelnen schönen Pe-
rioden fehlt es nicht — ist die Kaisergeschichte die Zeit des all-
mäligen Verfalles sowohl den innern Staatsformen nach, als
auch der nach Außen gerichteten Macht. Dieser Zeiraum kann
ebenfalls in drei Abschnitte zerlegt werden:
Erster Abschnitt. Vom Anfänge der Negierung des Kai-
sers Augusius bis zum Tode des Kaisers Marc Aurel 180.
Mit Klugheit und Milde ordnet Augustus die Verhältnisse des
Herrschers zu Senat, Heer und Volk; allein seine nächsten
TM Hauptwörter (50): [T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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Extrahierte Personennamen: Sulla Cäsar Julius_Cäsar
Octavianus Cäsar Marc_Aurel Augustus
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Hoheitsrecht und die herrschende Gewalt des Volkes hervor.
In diesen wurde über die wichtigsten Angelegenheiten des Staa-
tes entschieden: über Krieg und Frieden, über Annahme neuer
Gesetze, über die Wahl und die Bestätigung obrigkeitlicher Per-
sonen, selbst des Königs. Allen entscheidenden Versammlungen
gingen Auspicien voran, die durch drei Auguren, als Repräsen-
tanten der drei Tribus, beobachtet wurden; den Wahlversamm-
lungen auch Opfer. Au der Spitze des Ganzen stand der Kö-
nig, welcher in seiner Person drei Würden vereinigte: er war
oberster bürgerlicher Beamter, oberster Priester und oberster Heer-
führer. Die Wahl ging vom Senate aus, die Bestätigung von
den Curien. Hatte nun der angenommene König auch die Be-
stätigung der Götter durch günstige Augurien erhalten, so ertheil-
ten ihm die Curien in einem nochmaligen Beschluß die volle
Gewalt. D Ihn umgab eine Leibwache von dreihundert Rittern,
Celeres, deren Anführer tribunus Celerum hieß. So oft er
öffentlich erschien, schritten zwölf Lictoren in stattlicher Reihe
vor ihm her und trugen ihm die Fasces, Bündel mit Beilen
und Stäben, vor. Auch war ihm ein Senat beigeordnet, um
mit demselben das Beste der ganzen Gemeinde zu berathen.
Dieser bestand anfangs aus hundert Mitgliedern; nach der Ver-
einigung der Römer und Sabiner aus zweihundert, und seit
Tarquinius Priscus aus dreihundert. Die Mitglieder des Se-
nats wurden vorzugsweise Patres genannt und ihre Nachkom-
men Patricii. D Der Senat wurde von dem Könige zur Bera-
thung versammelt; er selbst führte in demselben den Vorsitz.
Es tritt demnach in der römischen Staatsverfassung eine drei-
fache Gewalt Pervor: eine berathen de, eine beschließende
und eine ans führen de; und die Macht des Königs selbst
war eine beschränkte.
Als Stifter und Begründer aller dieser Einrichtungen wird
Romulus angegeben. Er regierte mit Kraft und Ansehen und
6) Daher die lex curiata de imperio.
7) Patres ab honore, patriciique progenies eoruin appellati. Liv. —
Nach der Ansicht neuerer Geschichtsforscher soll der Name Patres auch
römische Patres familias der alten Zeit bedeuten, und somit wären
Patres sämmtliche selbstständige Bürger, Patricii diejenigen, welche durch
Verwandtschaft zu ihnen gehören.
Wetter, Geschichte der Römer.
4
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97
öffentlichen Prüfung aus. Diese fanden allgemeine Anerkennung
und Bestätigung. Da die zehn Tafeln aber nicht hinzureichen
und einer Ergänzung zu bedürfen schienen, so. wurde das De-
cemvirat für das folgende Jahr (450) beibehalten. Appius
Claudius, welcher schon während des ersten Decem-virats einen
vorzüglichen Einfluß geübt und jetzt durch alle Künste der List
und der Verführung die Wahl auf sich selbst und andere ihm
ergebene und willfährige Männer hinzulenken gewußt hatte, war
das Haupt dieses zweiten Decemvirats, in welches, nach Dionysius,
auch drei Plebejer ausgenommen wurden. Es kamen in diesem
Jahre noch zwei Gesetztafeln hinzu, und hiermit war die Gesetz-
gebung vollendet. Diese Gesetze der zwölf Tafeln, welche die
Grundlage des späteren römischen Rechtes bildeten g, sind bis
auf wenige Bruchstücke für uns verloren gegangen.
Das Decemvirat würde für Rom eine glänzende Epoche
gewesen sein, wenn es sich mit der Anfertigung der Tafelgesetze
begnügt hätte. Aber bald übte es willkürliche Gewalt; jedes
Mitglied umgab sich mit einer Wache von zwölf Lictoren; Ap-
pius insbesondere schien es darauf angelegt zu haben, sich die
Alleinherrschaft zu erwerben. Die Gesetzgebung, zu welcher man
die Zehnmänner berufen hatte, war vollendet, und dennoch legten
sie die daran geknüpfte Oberherrschaft nicht nieder, sondern übten
dieselbe auch noch im dritten Jahre fort, ohne sich um die Be-
stätigung des Senates und des Volkes zu kümmern. Solcher
Übermuth empörte Alle, die Patricier sowohl als Plebejer. Un-
möglich konnte dieser Zustand von Dauer sein. Die verzweif-
lungsvolle Lage, in welcher sich jetzt Rom befand, regte wieder
dessen alte Feinde auf, und die Äquer und Sabiner machten
verheerende Einfälle. Mit dem Schrecken seiner Gewalt ließ
Appius zehn Legionen ausrüsten, von denen er acht unter An-
führung seiner Collegen gegen die Feinde schickte, zwei aber zum
Schutze in Rom bei sich behielt. Nur mit Unwillen zogen die
Legionen in's Feld und ließen sich absichtlich überwinden. In
dem Heere befand sich auch ein alter Hauptmann Siccius
Dentatus, der in hundertzwanzig Schlachten mitgefochten,
4) Livius nennt sie (Iii. 34) fons omnis publici privatique juris. —
Besonders ist Cicero (de leg. Ii. 23.) voll von ihrem Lobe.
Wetter, Geschichte der Römer. *7
TM Hauptwörter (50): [T20: [Rom Jahr Cäsar Senat Kaiser Pompejus Antonius Tod Krieg Sohn], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Claudius Dionysius Siccius
Dentatus Livius Cicero
111
brauchten die Gallier falsche Gewichte; und als ein Römer
dieses rügte, warf Brennus auch noch sein Schwert in die
Gewichtschale und rief höhnend: „Besiegte müssen leiden!" (Vae
victis!) Da plötzlich kam Camillus mit seinem Heere von Veji
heran. Wie er das Unwesen auf der Burg sah, gerieth er in
heftigen Zorn. „Weg da mit dem Golde, — rief er — mit Eisen
erkauft der Römer sein Vaterland!" Brennus berief sich auf
den rechtmäßigen Vertrag der Belagerten. „Der gilt nicht —
war die Antwort — ich bin Diktator, ohne mich kann kein
Römer Verträge schließen." Jetzt mußte eine Schlacht entschei-
den. Diese entschied gegen die Gallier; sie wurden von Camil-
lus fast gänzlich aufgerieben. Mit Bestimmtheit jedoch wird von
einem der angesehensten Schriftsteller des Alterthums versichert,
die Gallier seien mit dem Lösegelde abgezogen, ohne von Camil-
lus dessen wieder beraubt und geschlagen worden zu sein 3).
Überhaupt hat patriotische Dichtung über dieses schmachvolle Un-
glück Roms, wie über die frühere Demüthiguug durch Porsenna,
einen Farbenglanz ausgebreitet, als hätte es gegolten, das größte
Siegesglück zu verherrlichen.
Das verarmte Volk wollte die wüste Brandstätte verlassen
und sich in dem schönen Veji niederlassen; allein Camillus hielt
die Verzweifelten abermals an dem Orte ihres alten Ruhmes
zurück. Ein günstiges Omen war ihm hierbei besonder- behülf-
lich und brachte die schwankenden Gemüther zum Entschluß.
Eines Tages war der Senat in der Curie versammelt, während
ein Hauptmann seine Cohorte über das Forum führte und dem
Fahnenträger die Worte zurief: „Halt, hier bleiben wir am
besten!" Und sogleich traten die Senatoren heraus und riefen,
sie nähmen dieses Omen an! und die herbeiströmende Menge gab
ihren Beifall. Rasch wurde wieder angebauet; und innerhalb
eines Jahres stand da ein neues Rom, das aber noch nach
Jahrhunderten in seinen unregelmäßigen Straßen die Spuren
dieser Eilfertigkeit trug. Bei Aufräumung der Stadt war un-
versehert unter verbrannten Trümmern der Augurstab gefunden
3) „Traditur etiam retulisse (Drusus) ex provincia Gallia aurum
Senonibus olim in obsidione Capitolii datum, nec, ut fama est, extor-
tum a Camillo.“ Sueton. Tiber. c. 3.
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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158
gewiß, gegen den Vertrag mit Rom, Sagunt an. Auf den
Hülferuf Sagunts kamen römische Gesandte nach Spanien, um
sich beim Hannibal über diesen Friedensbruch zu beschweren.
Hannibal aber ließ diese nicht einmal vor sich kommen, sondern
schickte ihnen Abgeordnete entgegen, mit der Weisung, „sie mögten
doch schleunigst zurückkehren, denn wegen der Erbitterung der
Karthager sei im Lager ihr Leben nicht, sicher; auch habe der
Feldherr jetzt etwas wichtigeres zu thun, als fremde Gesandt-
schaften anzuhören." Ungesäumt gingen sie nun nach Karthago,
wo sie aber nur die Antwort erhielten: die Saguntiner selbst
hätten den Krieg veranlaßt. Während so die Zeit .hinging,
ohne daß den hart Belagerten thätige Hülfe erschien, bot Hanni-
bal alles auf, die Stadt zur Übergabe zu zwingen. Nach acht-
monatlicher heldenmüthiger Vertheidigung endlich, als auch die
letzten Mittel erschöpft, keine Rettung mehr möglich war, da
verbrannten die Bürger alle ihre Kostbarkeiten, zündeten ihre
Häuser an und stürzten sich größtentheils mit ihren Weibern und
Kindern in die Flammen. Was übrig blieb, wurde von den
hereinstürmenden Karthagern ermordet.
Die Nachricht von dem schrecklichen Untergange Sagunts
wirkte mächtig auf Nom. Hier machte man sich Vorwürfe, ei-
ner so getreuen Bundesgenossin nicht thätiger Beistand geleistet
zu haben. Man rüstete sich zum Kriege und schickte unterdessen
eine neue Gesandtschaft nach Karthago, welche die Auslieferung
Hannibals fordern und, falls diese Forderung verweigert würde,
den Krieg erklären sollte. Mit der größten Kälte wurde sie zu
Kqrthago ausgenommen und ihr bedeutet: „der mit Hasdrubal
abgeschlossene Vertrag, auf melchen sie sich berufe, ermangele
der nöthigen Bestätigung von Seiten des karthagischen Senats
und könne somit als einseitiger Vertrag nicht bindend sein; was
das Schicksal von Sagunt betreffe, so sei dieses ein selbstver-
schuldetes, und auch die Römer hätten mehr als einmal in glei-
chem Falle auf gleiche Weise verfahren." Endlich, nach langem
vergeblichen Hin- und Herreden, trat der Senator Fabius mit
würdevollem Ernste aus der Mitte der römischen Gesandten her-
vor, machte in seiner Toga zwei Falten und hob diese drohend
gegen die Karthager auf, mit den Worten: „Hier ist Krieg, hier
Frieden, wählet, welchen von beiden ihr wollet!" „Wir wählen
TM Hauptwörter (50): [T23: [Rom Römer Krieg Italien Stadt Jahr Heer König Rmer Hannibal], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T55: [Rom Krieg Römer Jahr Heer Cäsar Hannibal Pompejus Marius Schlacht], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
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